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Kann eine einzelne Stockwerkeigentümer/in allein einen Rekurs einlegen?
Kann eine einzelne Stockwerkeigentümer/in allein einen Rekurs einlegen?
24. August 2023 | Immobilien

Bestreitung der Rekursberechtigung

Im Baurecht ist es für die Erhebung eines Rekurses Voraussetzung, dass der baurechtliche Entscheid verlangt wurde während der Frist, in welcher ein Bauprojekt ausgeschrieben ist. Üblicherweise im Kanton Zürich während 20 Tagen. Ohne den Entscheid ist man in der Folge nicht zum Rekurs berechtigt.

Im Mai 2001 stellte sich vor dem Gericht diese Frage genau im Zusammenhang mit dem baurechtlichen Entscheid, welcher in diesem Fall von der Verwaltung für die Gemeinschaft einverlangt wurde. Die Rekursgegnerin machte demgemäss geltend, dass die Rekurrenten das Rekursrecht verwirkt hätten, weil nicht die Stockwerkeigentümergemeinschaft, sondern nur ein einzelner Stockwerkeigentümer rekurriert habe. Ein Vertreter habe sich als solchen zu erkennen zu geben, ansonsten sei anzunehmen, dass er das Begehren im eigenen Namen stelle.

Gemäss Planungs- und Baugesetz des Kantons Zürich (PBG) kann jeder, der von einem Bauvorhaben betroffen ist, innert 20 Tagen nach der öffentlichen Bekanntmachung bei der örtlichen Baubehörde die Zustellung des baurechtlichen Entscheids verlangen, ansonsten er das Rekursrecht verwirkt. Einer Stockwerkeigentümergemeinschaft kommt von Gesetzes wegen Parteistatus zu. Natürlich ist auch jeder Einzelne für sich allein berechtigt, Rekurs zu erheben.

Es ist nun abzuklären, ob hier, wenn die Verwaltung als Vertretung der Gemeinschaft den baurechtlichen Entscheid verlangt hat, dies sowohl für die Gemeinschaft als prozessfähige Personengemeinschaft also auch für die Gemeinschaft als Personenverbindung und somit auch für die einzelnen Mitglieder geschehen ist. Die Verwaltung stellte das Begehren im Auftrag der Stockwerkeigentümergemeinschaft. Nicht klar wird aus dem entsprechenden Schreiben, ob im Auftrag als Prozesspartei oder als Personenverbindung.

Gericht lässt Vernunft vor Formalismus walten

Jeder Stockwerkeigentümer wie auch die Stockwerkeigentümergemeinschaft ist berechtigt, zu rekurrieren und den Baurechtsentscheid einzufordern. Vorher kann ja gar nicht entschieden werden, ob ein Rekurs erhoben werden soll. Wenn die Versammlung der Stockwerkeigentümer dies mit einem Beschluss ablehnt, kann ja jeder immer noch selbstständig rekurrieren und seine Rechte so wahrnehmen.

Dazu kommt, dass der Kreis der Stockwerkeigentümer fixiert ist – es kann im Grundbuch nachgeschaut werden -, somit kann sich auch die Bauherrschaft über potenzielle Prozessgegner informieren. Er müsste sich zudem auch im Falle des Rekurses durch die Gemeinschaft als solcher mit jedem Einzelnen auseinandersetzen, wenn es zum Beispiel um die Findung einer aussergerichtlichen Lösung geht. Wenn also die prozessfähige Stockwerkeigentümerschaft die Zustellung des Baurechtsentscheides verlangt, muss das auch für den einzelnen Stockwerkeigentümer gelten.

Wenn zwingend verlangt würde, dass sowohl die Gemeinschaft wie auch jeder einzelne Eigentümer den Entscheid verlangen müsste, um seine Rechte wahren zu können, würde das einen überspitzen Formalismus bedeuten.

So nennt es Lehre und Praxis, wenn für ein Verfahren derart rigorose Vorschriften erstellt werden, ohne dass sie sachlich gerechtfertigt sind. Oder auch, wenn formelle Vorschriften von einer Behörde mit übertriebener Schärfe gehandhabt werden. Das Gericht konnte somit auf den Rekurs eintreten.

Bei Fragen zum Stockwerkeigentum stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Quelle: HEV

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